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Katzen (3.2)

Auch heute gelang es mir, ihn von seinem Platz zu locken. Das Ritual, bei dem wir unsere Köpfe mehrfach gegeneinander stießen, wurde in der üblichen Art durchgezogen. Mir schien, daß Carlo heute keine rechte Idee für einen neuen Cocktail hatte, und so beließen wir es beim schlichten Bier.
Wir gingen gemeinsam wieder hinauf ins Arbeitszimmer, Carlo legte einen kurzen Stop am Freßnapf ein und knackte einige Stücke Trockenfutter. Das gab mir den nötigen Vorsprung, um meinen Platz am Computer zu sichern. Als ich mich setzen wollte, war mein Platz bereits belegt. Auf meinem Stuhl lag, malerisch hingegossen, Muschel, unser schwarzer Kater. Er heißt eigentlich Kuschel-Muschel, und er zeigte wieder einmal, dass er seinen Namen zu recht trug. Ich brachte es nicht übers Herz, ihn von seinem Platz zu verjagen, und so nahm ich mir den zweiten Stuhl. Als ich mich hinsetzte, blieb ich mit dem Verschluss meiner Hosenträger an einer Verstrebung des Stuhl hängen, der Verschluss öffnete sich und die Hosenträger sausten mir um die Ohren. Vom Stuhl neben mir hörte ich ein Geräusch, und mir war, als wäre es ein Lachen gewesen. Muschel lag auf seinem Stuhl und leckte sich die rechte Vorderpfote. Als er zu mir hochsah, glaubte ich, ein Grinsen in seinem schwarzen Gesicht zu entdecken. Während ich meinen Hosenträger wieder befestigte, traf Carlo wieder ein. Er sprang auf meinen Schoß, sah mich wieder an und meinte: "Wenn du nicht weißt, was du schreiben sollst, kann ich dir einen Tip geben." Muschel richtete sich auf und spitzte die Ohren. Carlo fuhr fort: "Schreib doch 'mal die Geschichte von Miss Marple, unserer vierten Katze auf. Ich konnte sie zwar nicht leiden, aber du und Angela, ihr habt sie doch sehr geliebt. Ich sehe immer noch die tote Miss Marple vor mir und denke daran, wie ihr geheult habt."
 Muschel schaltete sich ein und meinte: "Carlos Idee finde ich gut. Ich mochte Miss Marple zwar auch nicht besonders, aber eigentlich hat sie mich auch nicht sonderlich gestört. Tiger wird die Idee auch begrüßen, er war ja sogar ein wenig mit ihr befreundet gewesen."
Carlo fügte hinzu: "Wage es aber nicht, irgendetwas schlechtes über mich zu schreiben, sonst formattiere ich dir die Festplatte."
Die Katzen legten sich wieder hin und betrachteten die Unterhaltung als beendet. Ich begann ernsthaft an meinem Verstand zu zweifeln. Ich war mir sicher, daß die Katzen etwas zu mir gesagt hatten, aber andererseits wußte ich auch genau, daß es bestimmt nicht zu hören war. Also doch Telepathie ? War ich reif für die Klapsmühle ? Ich würde es heute nicht herausfinden. Ich ging mit meinem Bierglas hinunter ins Wohnzimmer, wo Angela und Tiger, unser dritter Kater, gerade ein Tennismatch am Fernseher verfolgten.

Tiger schien das Spiel nicht sonderlich interessant zu finden, und auch Angela, meine Lebensgefährtin, machte keinen begeisterten Eindruck. Während eines Werbeblocks sagte ich ihr, dass ich vorhätte, die Geschichte von Miss Marple aufzuschreiben. Sie fand die Idee gut und sah plötzlich zu Tiger hinüber. Im selben Augenblick sagte Tiger zu mir: "Ich wollte dir das schon vorschlagen, aber ich dachte mir, es würde dich vielleicht wieder traurig machen, darüber zu schreiben." Angela und ich sahen uns an, aber ich traute mich nicht, sie zu fragen, ob sie die Katze gehört hatte. Ich hatte den Eindruck, sie hatte auch etwas wahrgenommen. Wenn es aber nicht so war, müßte sie mich für verrückt halten. Das Tennisspiel ging weiter, und so beschloss ich, nichts darüber zu sagen. Ich ging hinauf in mein Arbeitszimmer und begann, die Geschichte von Miss Marple niederzuschreiben.

Ein müder Tiger

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